18. Juli 2013
Ich freue mich sehr über den Bericht in den Tips regional.
„Gier“ – ein Steyrer Appell zur Umkehr
Angelika Mitterhauser aus Steyr, Tips Redaktion, erstellt am 16.07.2013, 12:41 Uhr



Autor Rudolf Brandstetter

STEYR. Kein Blatt vor den Mund nimmt sich Rudolf Brandstetter, wenn es um eines der größten Übel der Menschheitsgeschichte geht. Der 51-jährige Steyrer Angestellte hat der Gier ein Buch gewidmet. Er ruft darin zur Vernunft im Kampf gegen den „Raubtierkapitalismus" und die Rückkehr vom Haben zum Sein auf.

In Schiedlberg ist er 1962 geboren und aufgewachsen, ein besonderes Vorbild war die Großmutter, die sich in Zeiten des Nationalsozialismus dagegen wehrte, anstelle des Herrgotts am Kreuz das Konterfei Hitlers an die Wand zu hängen. Das hat ihn geprägt und ihn in seinem Glauben bestärkt. Im Glauben an den christlichen Gedanken und das Gute im Menschen.

Später zog Rudolf Brandstetter nach Steyr, ein aufkeimendes Interesse für soziale Themen und alternative Gesellschaftssysteme nahm er jedoch mit. Über Jahrzehnte in der Wirtschaft tätig, beschloss Brandstetter dann vor wenigen Jahren eine Ausbildung zum Fachsozialbetreuer zu machen. Eine intensive Zeit lang arbeitete er mit psychisch beeinträchtigten und krebskranken Menschen, schloss die Ausbildung aber nicht ab. Allerdings gaben die neuen Erfahrungen bei ihm den Anstoß dazu, eine Darstellung des psychosozialen Zustandes der Wohlstandsgesellschaft von heute zu versuchen. Um die an ihr nagenden falschen Vorstellungen zu Reichtum und Überfluss anzuprangern und ein Umdenken anzuregen. Der Titel dieses Versuches: „Gier".

Zerstörerische Gewinnsucht

„Gier hat es schon immer gegeben. Durch die Entwicklung des Wirtschaftssystems globalisiert sie sich", erklärt Rudolf Brandstetter. Dass Menschen durch den Einfluss des kapitalistischen Systems zugrunde gehen müssten, sei dabei ein Umstand, der nach wie vor in Kauf genommen werde. „Von 1970 bis Ende des Jahres 2012 kamen über 1,5 Milliarden Menschen direkt oder indirekt durch die vorherrschende Ideologie um", sagt Brandstetter.

Die Kluft wächst

Um die Misere rund um Börsenwahnsinn und maßloser Gewinnsucht aufzurollen, setzt der Steyrer im Buch bei der Wirtschaftskrise von 2008/09 an. „Ich bringe auf den Punkt, wie es dazu kam und gehe in die Geschichte zurück, ua. zu Wirtschaftstheoretikern wie Adam Smith und Sozialreformern wie Silvio Gesell. Er wollte eine Alternative zum jetzigen Zinssystem. Genau in diesem erkennt man heute immer mehr die Ursache der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich."

Brandstetters bevorzugtes Modell geht in die entgegengesetzte Richtung – es schafft den Zins ab: „Das funktionierte in der Vergangenheit bereits. Ab dem 12. bis etwa zum 14. Jahrhundert gab es in Deutschland und Teilen Österreichs zinsfreies Geld - es war die größte kulturelle Schaffensperiode der deutschen Geschichte. In der Tiroler Gemeinde Wörgl startete man 1932 ein System nach Gesell, bei dem Scheine ausgegeben wurden, die an Wert verloren, wenn man sie nicht ausgab. Die Arbeitslosigkeit sank um 25 Prozent."

Brandstetter sieht in der zinslosen Variante eine große Chance, die auch zunehmend diskutiert werde: „Man weiß, dass es wie bisher nicht weitergehen kann. Ich glaube, dass selbst unter den großen Managern ein Umdenken passiert. Ich denke die Phase, bei der man geglaubt hat, sein Hab und Gut mit Ellenbogen-Technik verteidigen zu müssen, ist vorbei."

Umdenken

Vom Haben zum Sein zurückzukehren, ist dem 51-jährigen Steyrer zufolge ganz allgemein das Gebot der Stunde. Für jeden Einzelnen. Insofern man dem wirklichen Kollaps gegensteuern möchte. „Wir sind auf der Suche nach Glück. Aber anstatt in die Natur laufen wir in die Kaufhäuser. Wer über das, was Glück bedeutet, nicht reflektiert, läuft ewig dem hinterher, was ihm gerade als solches präsentiert wird. Wer nur nach außen lebt, findet nie Zufriedenheit und bleibt manipulierbar", erklärt der zweifache Vater.

Er selbst geht den Weg in eine bessere Welt christlich orientiert an. Obgleich er weiß, wie schwierig man heute damit überzeugen kann. „Leider wird das Christliche heute oft belächelt. Das liegt sicher auch daran, dass die Kirche immer mit den Mächtigen verbündet war. Christus war ein großer Kritiker des Kapitalismus, des Mammon. Für mich ist sein Gedankengut der Lösungsansatz. Das ist natürlich heikel, denn wer kann damit wirklich umgehen."

Das Buch „Gier - Eine Welt von allen guten Geistern verlassen" ist Ende Juni im ReDiRoma-Verlag erschienen und via Internet und Buchhandel erhältlich.

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David “Dave Hill Kay” Kahnt
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